Website-Icon Herzratenvariabiliät (HRV)

Apnoe und die Reaktionen des VNS

480px-Schlafapnoe_blockiert.svgDer nächtliche Atemstillstand ist für den Körper ein Ausnahmezustand. Das vegetative Nervensystem muss auf die Atemaussetzer mit einer Notfallreaktion reagieren. An der Aktivität von Sympathikus und Parasympathikus lässt sich das Ausmaß erkennen und die Folgen erklären.

Wie das vegetative Nervensystem auf eine Schlaf-Apnoe reagiert, möchte ich zusammen mit dem Humanbiologien, Physiker und Somnologen Professor Dr. Thomas Penzel einmal genauer betrachten. Er ist wissenschaftlicher Leiter des Interdisziplinären Schlafmedizinischen Zentrums der Charité in Berlin und erforscht schon seit mehr als 30 Jahren die Herzratenvariabilität.

Verschiedene Studien belegen, dass die Herzratenvariabilität durch die Schlafapnoe beeinflusst wird. Wertet man die HRV eines Apnoe-Patienten aus, so fällt auf, dass der Sympathikus am Tag und in der Nacht erhöht ist, was meist mit einem erhöhtem Blutdruck und einer gesteigerten Herzfrequenz einhergeht. Gleichzeitig kommt es zur Verminderung des parasympathischen Einflusses. Dies zeigt sich als Erhöhung der Low Frequency (LF) und Verringerung der High Frequency (HF), also insgesamt als eine reduzierte Herzratenvariabilität. Das Verhältnis von LF zu HF, die sogenannte sympatho-vagale Balance, ist im Vergleich zu Gesunden erhöht.

Gemittelt über die gesamte Nacht lässt sich eine höhere Gesamtleistung (Total Power) feststellen. Für den medizinischen Laien hört sich das zunächst gut an: Wow, mehr Leistung. Aber eigentlich will man sich ja im Schlaf erholen und sich danach nicht fühlen, als sei man überhaupt nicht ausgeruht. Die Zunahme der VNS-Aktivität ist durch den Anstieg aller Einzelparameter der HRV beobachtbar, aber neben HF und LF macht die Very Low Frequency (VLF) den größten Anteil aus. Die VLF-Zunahme bei Apnoe-Patienten bestätigen verschiedene Veröffentlichungen. Beobachtet werden konnten die Erhöhungen während des viele sekundenlangen Aussetzens der Atmung und deren Wiederaufnahme.

Der Atemstillstand von 10 bis 60 Sekunden Dauer sorgt für ein starkes Absinken der Herzfrequenz. Während dieser Zeit steigt die HF fast bis zum Einsetzen der Atmung an. Je mehr der Sauerstoffgehalt abfällt, umso mehr wird der Sympathikus aktiviert. Da aber nicht geatmet wird, steigt gleichzeitig die Aktivität des Parasympathikus an. Am Ende der Apnoe folgt für 10 Sekunden ein kurzes Atmen mit ein paar wenigen Atemzügen. Innerhalb dieser kurzen Zeit erhöht sich der Puls dramatisch. Das Ergebnis ist zwar eine hohe Herzratenvariabilität, aber Professor Penzel warnt vor einer Fehlinterpretation. Für ihn bedeutet die Erhöhung in diesem Zusammenhang nichts Gutes.

So einfach und verständlich sich der Apnoe-Verlauf beschreiben lässt, umso schwieriger gestaltet sich die Auswertung von Langzeitaufzeichnungen des Herzschlags. Mit einer klassischen Herzratenvariabilitäts-Berechnung mittels Spektralanalyse kommt man in der Schlafmedizin nicht weit. Die 5-Minuten-Einteilung zur Auswertung der meisten Langzeitmessungen verfehlt ihr Ziel, da sie mehrere Apnoen mit Absinken und Anstiegen im Minutenrhythmus umfasst. Die starre Auswertung reicht nicht aus, um die apnoe-bedingten Veränderungen der HRV mit einer korrekten Zuordnung zu einzelnen Schlafphasen zu erfassen.

Das schlafphasen-abhängige Auftreten der Apnoe, erschwert die Abgrenzung. Professor Penzel gibt zu bedenken, dass es während der REM-Phasen auch zu zusätzlichen heftigen Aktivierungen des Sympathikus kommt – während wir also nur träumen und nicht nach Luft schnappen.

Für die Erfassung einer Apnoe empfiehlt Professor Penzel sich den Verlauf der Herzfrequenz anzuschauen. Typisch sind zyklische Schwankungen, die mit dem Verlauf der Apnoe einhergehen.

In einer Untersuchung von Professor Penzel hat sich sowohl für die Einteilung der Schlafstadien als auch für die Findung von Apnoe-Phasen das nichtlineare Auswertungsverfahren Trendbereinigende Fluktuationsanalyse, abgekürzt DFA (Detrended Fluctuation Analysis), als besser erwiesen als die Spektralanalyse mit konstanten Zeitfenstern. Vor allem bei der Unterscheidung der Schlafstadien unterstützen die DFA1-Werte (Alpha1) mit einer größeren Trefferquote. Dies könnte Forschern ermöglichen, mit der Auswertung des Herzschlags eine automatisierte Einteilung der Schlafphasen und Erkennung von Schlaf-Apnoe zu entwickeln.

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