Spitzenkräfte und Vielarbeiter zeigen es: Mit dem Leistungsrhythmus BRAC lässt sich auf gesunde Weise viel bewältigen. Der Sportwissenschaftler Professor Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln beschreibt in seinem Buch Power durch Pause, wie sich der BRAC im Alltag nutzen lässt.
An das Thema, dass der Körper nicht nur nachts einem Rhythmus folgt, sondern auch am Tag, wagte sich der amerikanische Forscher Nathaniel Kleitmann 1960 das erste Mal heran. Er gab der Tagesrhythmik den Namen Basic-Rest-Activity-Cycle. Er war übrigens 1953 einer der Mitentdecker der REM-Schlafphase.
Nathaniel Kleitmanns Hypothese baute darauf auf, dass es am Tag ähnlich wie in der Nacht einen neurophysiologischen Rhythmus gibt. “Dass es auch tagsüber eine gleichmäßige Rhythmik der Leistung gibt, ist wissenschaftlich immer noch nicht unumstritten”, erklärt Professor Froböse. “Viele Forschungsarbeiten beschäftigen sich mit dem BRAC und beschreiben im Detail zahlreiche Funktionen, die diesem 90-Minuten-Tagesrhythmus zuzuordnen sind.” Leider ist dieses Wissen in den letzten 30 Jahren verloren gegangen.
Die magischen 90 Minuten
Am Tag wechseln sich im BRAC alle 70 bis 90 Minuten sympathisch-dominante Phasen mit etwa 10- bis 20-minütigen parasympathischen Phasen ab. Sie sind mit Hilfe von Herzratenvariabilitäts-Langzeitmessungen erkennbar, obwohl sie am Tag meist wegen körperlicher Aktivität etwas verdeckt werden.
Dominiert der Sympathikus, lässt sich das an einer leicht erhöhten Herzfrequenz und einer verringerten Herzratenvariabilität (HRV) erkennen. “Studien zeigen, dass wir in dieser Phase besonders effektiv und leistungsfähig sind”, beschreibt Professor Froböse. “Die Ausschüttung von Adrenalin, Cortisol und Acetylcholin im Körper ist einer der Gründe für dieses Leistungshoch.”
Der Einfluss der Hormone flacht jedoch zum Ende der 90 Minuten ab. Die vermehrte Bildung von Noradrenalin, Serotonin und Melatonin fördert dann die parasympathische Aktivität, was zu einem vorübergehenden Leistungsabfall führt. Die Herzfrequenz sinkt und die HRV steigt. “In diesen 10 bis 20 Minuten sinkt unsere Leistungsfähigkeit kurz ab. Genau diese Zwischentiefs sind der richtige Zeitpunkt für eine kurze Pause.”
Pausen sind keine Zeitverschwendung. In der passiven Phase werden Anspannungen abgebaut, Kräfte gesammelt und die rhythmische Ordnung wieder hergestellt. Professor Froböse ergänzt: “Auch für das Gehirn bedeuten Pausen keinen Leerlauf. In dieser Phase wird Erlerntes oder aktuell Erlebtes noch einmal erneut ‘durchdacht’ und analysiert, um anschließend die Synapsen neu zu sortieren. Die Fähigkeit, Informationen zu verarbeiten und zu behalten, verbessert sich mit regelmäßigen Entspannungsphasen.”
Spitzenkräfte zeigen, dass der BRAC funktioniert
“Eine Studie in den USA zum Verhalten von professionellen Top-Violinisten ergab, dass sie sich intensiv am BRAC orientieren”, erzählt Professor Froböse.
- Sie üben speziell am Vormittag.
- Sie üben in drei Einheiten.
- Jede ihrer Lektion dauert etwa 80 bis 90 Minuten.
- Zwischen zwei Übungseinheiten liegt immer eine Pause.
Auch Sportler wissen, dass sie nach einer ersten Einheit am Morgen immer eine Pause brauchen, bevor es sinnvoll weitergehen kann. Bei der Planung ihres gesamten Trainings werden neben aktiven Phasen auch immer feste Erholungszeiten vorgesehen. Ohne ausreichende Regenerationsmöglichkeit würde die Leistung trotz Training abfallen.
BRAC im normalen Leben
Noch gibt es in unserem Leben Zeitspannen, die intuitiv zu unserem Biorhythmus passen: Schulstunden dauern 45 Minuten, die Vorlesungen an Hochschulen 90 Minuten. Fußballspiele und Fernsehfilme sind ähnlich zeitlich ausgerichtet – sofern es keine Verlängerung oder massig Werbepausen gibt. Für viele sind jedoch Schul- oder Studienzeit schon lange vorbei. Im Arbeitsalltag werden kleine Leistungstiefs gerne übergangen oder mit Koffein “überlistet”.
Auch wenn viele Menschen der Meinung sind, keine Pausen zu brauchen, trifft genau das Gegenteil zu. Sie hindern ihren Körper nicht nur daran, seine Energiespeicher wieder aufzufüllen, sondern schwächen auch seine Fähigkeit, selbst seine rhythmische Ordnung wiederherzustellen – was letztendlich zu Dauerstress führt.
Den Wert der Pause beschreibt Professor Froböse folgendermaßen: “Die Pause schafft Zeit und Raum, um das Erledigte ‘nachklingen’ zu lassen und sich auf Neues einzustellen oder sich darauf zu freuen. Eine Pause schafft Distanz, ist aber gleichzeitig auch verbindendes Glied einzelner Prozesse. Die Chinesen beschreiben in einem Sprichwort die Pause ‘als Zusammenstoß von Vergangenheit und Zukunft'”.