Der Einfluss von Medikamenten

HerzmedikamenteZu den Einflussfaktoren auf die Herzratenvariabilität (HRV) gehören auch Medikamente. Sie verändern teilweise die Geschwindigkeit und die Variabilität des Herzschlags. Das Messergebnis kann also, je nachdem wie Arzneimittel auf das vegetative Nervensystem einwirken, besser oder schlechter ausfallen. Bei der Interpretation von HRV-Werten sollte also ein möglicher medikamentöser Einfluss berücksichtigt werden.

Um keine falschen Hoffnung zu wecken, für das Thema Medikamente und HRV kann ich Ihnen keine Patentlösung geben. Studien, die sich nur mit medikamentöser Behandlung und der HRV beschäftigen gibt es fast keine. Alle Erkenntnisse stammen aus klinischen Therapiestudien, bei denen die Wirkung von Medikamenten auf eine bestimmte Symptomatik im Vordergrund stand. Was ich auch beobachten konnte, ist, dass sich die Ergebnisse der Wissenschaftler sogar teilweise widersprechen.

Sehr aufschlussreich ist es, zu schauen, wie Medikamente auf den Sympathikus und Parasympathikus jeweils wirken. Unterschieden wird zwischen Medikamenten, die eine stimulierende Wirkung auf einen der beiden Anteile des vegetativen Nervensystems haben und solchen, die einen hemmenden Effekt ausüben. Auf unterschiedlichen Wegen führen beide Wirkweisen letztendlich zu einem ähnlichen Ergebnis.

Stimulierende und hemmende Medikamente

Parasympathomimetika sind Medikamente, die die Wirkung des Parasympathikus nachahmen. Sie setzen Acetylcholin als Botenstoff ein und führen zu einer Steigerung der parasympathischen Wirkung und einer Hemmung des sympathischen Einflusses. Genau das Gegenteil bewirken Sympathikomimetika. Sie lösen eine ähnliche Reaktion an den Rezeptoren aus, ähnlich wie die körpereigenen Botenstoffe Adrenalin und Noradrenalin.

Zu den Sympathikomimetika gehören unter andern auch die trizyklischen Antidepressiva. Über sie finden sich Schlussfolgerungen in der Literatur, dass deren Verabreichung mit einem starken Rückgang der HRV einhergeht. Ein anderes häufig verwendetes Medikament aus dieser Mittelgruppe sind übrigens Nasentropfen, die ein Abschwellen der Nasenschleimhäute bewirken.

Nun zur zweiten Gruppen, die über die Hemmung des Gegenspielers ihre Wirkung erzielt: Parasympatholytika und Sympatholytika. Durch die Blockade der Rezeptoren an den Organen wird eine Reizübertragung von Sympathikus und Parasympathikus verhindert.

Die Parasympatholytika, auch Anticholinergika genannt, verringern die Aktivität des Parasympathikus. Durch die Blockade des Rezeptors wird die Wirkung des Botenstoffs Aceylcholin unterdrückt. Ein Klassiker aus dieser Mittelgruppe, der uns in vielen HRV-Lehrbüchern begegnet, ist das Atropin. Das Gift aus der Tollkirsche musste schon in etlichen Studien zur Elimination des Parasympathikus herhalten.

Von großer Bedeutung sind die Sympatholytika. Sie unterstützen mit ihrer Wirkung den Parasympathikus und verringern so die Aktivität des Sympathikus. Die Rezeptoren an den Erfolgsorganen werden von ihnen blockiert und für die Wirkung der Botenstoffe unempfänglich gemacht beziehungsweise desensibilisiert.

Hier noch ein kleines Detail, was vielleicht noch etwas Klarheit zu den verschiedenen Rezeptoren gibt. Es betrifft Sympathikomimetika und Sympatholytika gleichermaßen: Je nachdem an welche Rezeptorart sie sich richten, tauchen in den Mittelnamen “alpha” und “beta” auf, beziehungsweise auch die Untergruppen “alpha-1”, “alpha-2” und “beta-1” und “beta-2” auf. Beta-1-Rezeptoren finden sich beispielsweise hauptsächlich am Herzen, aber auch an den Nieren.

Aber wieder zurück zu den Sympatholytika. Der bekannteste Vertreter, vor allem im Zusammenhang mit der HRV, ist der Beta-Blocker. Die meisten Medikamenten-Studien gibt es über die Behandlung von kardiovaskulären Erkrankungen. Am häufigsten untersucht wurde die Wirkung der Betablocker. Nach meinen derzeitigen Kenntnisstand kann der Einfluss der Betablocker auf die HRV nicht verallgemeinert werden. Es scheint von Bedeutung zu sein, welche Wirkung der jeweils verabreichte Betablocker, insbesondere dessen Wirkstoff, auf die HRV hat.

Mein Fazit: Genaue beziehungsweise generelle Vorhersagen über die Einflussnahme von Medikamenten auf die HRV lassen sich nicht treffen. Auch Rückschlüsse von der Herzfrequenz auf HRV lassen sich nicht ziehen. Etwas Klarheit gibt die Medikamenten-Übersicht von Deborah-Loellgen auf der hrv-24-Website. Als weitere Auskunftsquelle biete sich die Rote Liste an. Bei den Wechselwirkungen kann man nachschlagen, mit was für einem Mittel man es zu tun hat.

Von Therapeuten höre und lese ich immer wieder, dass es sich immer lohnt, Messergebnisse zu hinterfragen. Dabei ist nicht nur interessant, wie “echt” (oder von Medikamenten unbeeinflusst) die Werte sind, sondern auch, wie sich der Patient fühlt. Was bringt ein ideales vegetatives Gleichgewicht, wenn der Antrieb im Leben fehlt.

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