Rauchen und HRV

“Eine Zigarette ist quasi keine Zigarette.” Das haben Sie bestimmt als Nichtraucher schon öfters gehört, wenn mal wieder eine Raucherpause eingelegt werden musste. Raucher reden sich gerne etwas ein, das einfach so nicht stimmt. Von einer Zigarette bekommt man zwar keinen Krebs, aber sie reicht, um den Parasympathikus für 30 Minuten in seiner Aktivität zu hemmen.

An dieser Stelle können wir auch gleich mit der nächsten falschen Annahme aufräumen: “Bei einer Zigarette kann ich so gut entspannen”. Nein, auch das trifft nicht zu, denn parallel zum Abfall der parasympathischen Aktivität kommt es einem Anstieg der sympathischen. Das Gleichgewicht zwischen Entspannung und Anspannung verschiebt sich zu Ungunsten der Erholungsfähigkeit.

Bei Rauchern kann noch ein weiterer Effekt beobachtet werden: Bittet man Raucher innerhalb von 30 Minuten mehrere Zigaretten zu rauchen, so steigt die Aktivität des Sympathikus erst an, fällt dann aber unter das Ausgangsniveau. Als Erklärung wird vermutet, dass der Gewöhnungseffekt an das Nikotin für das Absinken sorgt.

Nikotin hemmt den Parasympathikus

Bei langjährigen Rauchern kommt es also nicht nur zu einer Reduzierung der parasympathischen Aktivität, sondern auch zu einer Einschränkung der sympathischen.

Während die Aktivität des Parasympathikus mit jeder Zigarette gehemmt wird, ist die Reduzierung des Sympathikus offenbar abhängig von der Intensität und Dauer des Rauchens. In wissenschaftlichen Berichten liest man (siehe Kupari et al., 1993), dass es bei mehr als 10 Zigaretten am Tag zu der Einschränkung kommt (bezogen auf LF-Power).

Vater und Sohn Wittling schreiben in ihrem Werk Herzschlagvariabilität: Frühwarnsystem, Stress- und Fitnessindikator (Eichsfeld Verlag) zu der langfristigen Wirkung des Zigarettenkonsums: “Wir fanden bei regelmäßigen Rauchern einen deutlichen Rückgang des Gesamtniveaus der autonomen Regulation (Total-Power, SDRR), verbunden mit einem noch stärkeren Rückgang der parasympathischen Innervation von Herz und Körperorganen (HFms2, RMSSD).”

Raucher haben generell ein deutlich niedrigeres Aktivitätsniveau von Sympathikus und Parasympathikus, was auf eine komplette Beeinträchtigung des vegetativen Nervensystems hinweist.

Doch für Raucher besteht Hoffnung. In verschieden Studien wurden die Auswirkungen einer Raucherentwöhnung untersucht (siehe Yotsukura et al., 1998). Bereits nach 7 Tagen kommt es wieder zu einem deutlichen Anstieg der parasympathischen Aktivität (siehe Minami et al., 1999). Auch die Anwendung von Nikotin-Ersatzpräparaten, wie beispielsweise die Verwendung eines Nikotin-Pflasters, sorgen für bessere Herzratenvariabilitätswerte.

Neben dem oben erwähnten Buch der Herren Wittling empfehle ich die Dissertation Zusammenhang von gesundheitsrelevantem Verhalten und autonomer Funktion des Herzens – Ergebnisse einer bevölkerungsrepräsentativen Querschnittsstudie von Alexander Kluttig für einen tieferen Einstieg in die Zusammenhänge.

Ein Gedanke zu „Rauchen und HRV“

  1. Hallo;)
    Mich interessiert, wie dieser Artikel im Zusammenhang mit anderen Aussagen im Netz steht. Denn des öfteren wird erwähnt, dass Nikotin/Rauchen den Parasympathikus aktiviert. Das äußert sich zum Beispiel mit Steigerung des Speichels und generell den Verdauungssäften. Wie erklärt sich das?

    Danke

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